Lieferengpässe lähmen den Baufortschritt

Seit langem investiert die BGW jährlich hohe Summen in die Modernisierung ihres Bestandes. Seit 2021 kommen die Arbeiten jedoch an mehreren Standorten nur sehr schleppend voran. Über die Gründe für diese Verzögerungen im Baufortschritt informiert Jörg Wöhrmann-Kettler, technischer Bereichsleiter der BGW, im Interview.

Warum haben die aktuellen Modernisierungsmaßnahmen der BGW deutlich länger gedauert, als dies ursprünglich vorgesehen war?

Jörg Wöhrmann-Kettler: „Wie in der gesamten Baubranche hatten die Lieferprobleme bei verschiedenen Baustoffen erhebliche Auswirkungen auch auf die laufenden Projekte der BGW. Davon waren vor allem die Modernisierungsvorhaben an der Ziegelstraße und der Fritz-Reuter-Straße betroffen. Hier mussten wir mehrere Monate auf die bestellten Fenster warten. So konnten wir die neuen Fenster in unseren Häusern an der Ziegelstraße erst kurz vor Weihnachten einbauen. Eigentlich sollten direkt im Anschluss daran die Fassaden mit dem Wärmedämmverbundsystem verkleidet werden, da die beiden Gewerke bei der Montage voneinander abhängig sind. Dies wiederum scheiterte an der kalten und feuchten Witterung während der gesamten Wintermonate. Alles in allem liegen wir dadurch bei unseren Modernisierungsmaßnahmen etwa sechs Monate im Rückstand. Ich weiß, dass es in erster Linie unsere Mieter:innen sind, die darunter leiden müssen – und das bedauere ich sehr! Gleichzeitig fürchte ich, dass sich die Auswirkungen der enormen Lieferengpässe noch eine Zeitlang hinziehen werden. Hierfür bitte ich um Verständnis und versichere: Die BGW tut alles, um die baubedingten Beeinträchtigungen so gering wie möglich zu halten. Aber leider sind uns zurzeit bei vielen Dingen die Hände gebunden.“

Haben sich die Probleme auch auf die Neubauprojekte der BGW ausgewirkt?

Jörg Wöhrmann-Kettler: „Beim Neubau sah es leider nicht besser aus. Für das erste Wohnhaus, das die BGW an der Bohlestraße in Theesen errichtet hat, fehlte es an Dämmstoffen. Da die Dachdämmung und die Estrichdämmung deutlich verspätet lieferbar gewesen sind, konnten die Arbeiten nicht plangemäß durchgeführt werden.“

Woraus resultieren denn eigentlich die Lieferprobleme?

Jörg Wöhrmann-Kettler: „Im vergangenen Jahr sind mehrere ungünstige Faktoren zusammengekommen, die es in dieser Massivität nie zuvor gegeben hat. Dazu gehören zum einen die Corona-Effekte, die unmittelbar mit der Globalisierung zusammenhängen. So haben etwa China und die USA nach dem langen Lockdown weitaus mehr Materialien auf dem Weltmarkt eingekauft, als sie tatsächlich benötigen. Schon Mitte 2021 gab es beispielsweise kaum noch Bauholz, weil dieser Baustoff auf dem nordamerikanischen Kontinent sehr stark nachgefragt war. Durch den Mangel an Containern im Seetransport aus Asien wurde die ohnehin schon angespannte Lage für europäische Baufirmen verschärft. Selbst scheinbar kleinere Ereignisse wie die Blockade eines Containerschiffes im Suezkanal im März 2021 störte den Welthandel massiv, da andere Schiffe Umwege fahren mussten und die Produktion in den Anlieferländern dadurch zum Stillstand kamen. Inzwischen sind es vor allem die extremen Preissteigerungen, die uns Sorgen bereiten. Laut des Statistisches Bundesamtes stiegen die Erzeugerpreise für einzelne Baustoffe wie Holz und Stahl im Jahresdurchschnitt 2021 so stark wie noch nie seit Beginn der Erhebung im Jahr 1949. So verteuerten sich Bauholz um mehr als 60 % und Betonstahl auf mehr als 50 % im Vergleich zum Vorjahresdurchschnitt. Aufgrund der erheblichen Preissteigerungen muss auch die BGW den finanziellen Rahmen ihrer Neubau- und Modernisierungsvorhaben deutlich nach oben korrigieren.“